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Genre statt Gender

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Die Brit Awards führen genderneutrale Kategorien ein. Und wie immer beim Thema Gendergerechtigkeit hagelt es als Reaktion darauf Kritik. 

Aus vier wird zwei: Ab 2022 wird es bei den Brit Awards die Kategorien „Artist of the Year“ und „International Artist of the Year“ nur noch je einmal geben. Das wurde in der vergangenen Woche auf der Veranstaltungswebsite angekündigt. Bislang war in beiden Kategorien jeweils ein Preis an eine Künstlerin und einen Künstler verliehen worden. Das neue Konzept soll nun auch nicht-binäre Künstler:innen mit einbeziehen. 

Weniger Preise werden bei den Brit Awards in Zukunft allerdings nicht verliehen. Vier genre-basierte Kategorien kommen zu den bekannten Rubriken der letzten Jahre dazu: „Alternative/Rock Act“, „Hip-Hop/Grime/Rap Act“, „Dance Act“ und „Pop/R’n’B Act“. Der Fokus soll auf diese Weise mehr auf Musik und Werk liegen als auf dem Geschlecht, mit dem sich die Nominierten identifizieren. Anstatt einer Jury wird das Publikum in den neuen Kategorien über die Preisträger:innen abstimmen.

Kritik an der Entscheidung kommt von zwei unterschiedlichen Seiten. Die einen bezeichnen sie als Teil eines „woken“ Trends der politischen Korrektheit. Zu dieser Gruppe gehört auch Queen-Gitarrist Brian May. Seine Aussagen gegenüber der britischen Boulevardzeitung Daily Mirror klingen nach der Sorge eines privilegierten Mannes, selbst an Relevanz zu verlieren, wenn bisher exkludierte Menschen einen gleichberechtigten Platz im Diskurs erhalten. Eine ähnliche Beschwerde äußert der ehemalige TV-Moderator Piers Morgan bei Twitter. Die zynische Annahme, bald werde es sogar illegal sein, sich Frau oder Mann zu nennen, offenbart eine cis-männliche Angst vor Bedeutungsverlust. 

Andere Bedenken drückt die britische Kulturministerin Nadine Dorries aus: Eine faire Repräsentation von Frauen unter den Nominierten sei mit den neuen Kategorien nicht mehr garantiert. Doch der Glaube, patriarchale Strukturen mit dem Festhalten an binären Kategorien zu durchbrechen, ist ein feministischer Fehlschluss. Weibliche Repräsentation durch den Ausschluss von non-binären Menschen zu erreichen, spricht ihnen ihre Geschlechtsidentität ab und reproduziert allenfalls das antifeministische Narrativ von inhärenten Geschlechterrollen.  

Das zeigt sich auch in den Reaktionen einiger Twitternutzer:innen, die ebenfalls befürchten, Frauen könnten in den Nominiertenlisten und unter den Preisträger:innen in Zukunft unterrepräsentiert sein. Hier kursiert vereinzelt sogar der Vorwurf, ein Mann habe das Ende der eigenen Kategorie für Künstlerinnen herbeigeführt. Gemeint und misgendert ist damit Sam Smith. Smith ist non-binär und hatte im Anschluss an die diesjährige Verleihung der Brit Awards die Hoffnung geäußert, dass die Veranstaltung in Zukunft inklusiver werde. Aufgrund der nicht-binären Geschlechtsidentität war Smith von den Nominierungen für die genderspezifischen Kategorien ausgeschlossen gewesen. 

Die Brit Awards sind nicht die erste Award Show, die genderneutrale Kategorien einführt. Seit 2012 gibt es bei den Grammy Awards keine getrennten Kategorien mehr für Frauen und Männer, seit 2017 bei den MTV Movie and TV Awards. Auch bei der Berlinale wurden in diesem Jahr erstmals Schauspielpreise in genderneutralen Kategorien verliehen. Eine Entwicklung, die diverse Geschlechteridentitäten im öffentlichen Diskurs sichtbar macht und anerkennt.

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