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Der Weg ist das Ziel: Ein Plädoyer fürs Zugfahren

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Viele scheuen sich vor einem Urlaub per Zugreise. Verspätungen führen dazu, dass ihr nicht frühzeitig im Ferienort ankommt und die:der Erste im Meer sein könnt. Ich finde, darüber müsst ihr euch nicht ärgern, sondern sollte die Zugfahrt schon als Teil des Urlaubs ansehen.

Ich sitze im Zug zur Ostsee. Natürlich kam der ICE zu spät und ich musste in der Hitze warten, mit dem Wissen, dass ich meinen Anschluss nicht mehr erwischen werde. Ja, ich ärgere mich jedes Mal von Neuem über die Unpünktlichkeit diverser Verkehrsgesellschaften, aber trotzdem bin ich überzeugter Fahrgast. Ich würde eine Zugfahrt immer dem Auto oder dem Flugzeug vorziehen. 

Verschiedene Komplikationen (Bäume auf den Gleisen, Schnee, Weichenstörungen, Stürme, technische Untersuchungen), die die Reisezeit verlängern, können auch ihr Gutes haben. Man kann sich ganz in Ruhe in seinem gemütlichen Sitz zurücklehnen und einfach das Buch weiterlesen, das man sich für den Urlaub mitgenommen hat, oder Musik hören und verträumt in die Landschaft blicken. Seht es einfach als geschenkte Freizeit an, für die ihr die perfekte Ausrede zum Prokrastinieren habt und euch trotzdem hinterher nochmal so richtig beschweren könnt: „Ich hätte ja was für die Uni gemacht, aber das W-LAN im Zug hat nicht funktioniert! Das hat mich echt aufgeregt!“ Wenn ihr nicht lest oder euch mit der vorbeiziehenden Flora und Fauna beschäftigt, dann bieten Zugverspätungen auch immer ein gute Gelegenheit, sich mit anderen Fahrgästen anzufreunden und sich gemeinsam über diese Unzuverlässigkeit zu echauffieren. So kommt ihr ins Gespräch und anschließend haben viele Reisende Empfehlungen und Tipps für Aktivitäten rund um eure Reisedestination oder einfach Ratschläge fürs Leben parat. Ihr hört einfach die unterschiedlichsten, krassesten, lustigsten und traurigsten Geschichten, wenn ihr  lange Zugfahrten gemeinsam verbringt.

In Zügen erfahrt ihr manchmal auch schon viel über das Reiseland. In Dänemark beispielsweise sind die Schnellzüge so modern, dass sie auch mal auf ein Schiff nach Fehmarn fahren, während man sich in die gigantisch breiten Sitze fläzt.So habe ich eine gratis Fährfahrt genießen können, habe meine Nase in den Wind gehalten und auf die Wellen geblickt. In Slowenien hingegen  sind sie retro genug, dass man in den Toiletten mit Pedalen das Geschäft direkt auf die Gleise unter sich befördert.In den japanischen Shinkansen erwarten einen keine Zweier- sondern Dreiersitze und die Sitzreihen kann man sogar selbstständig drehen, sodass aus einer einfachen Reihe ein Sechserabteil wird. In den Zügen dort hängen überall Hinweisschilder, dass man beim Verlassen des Zuges am besten nicht in der Tür stecken bleiben sollte, denn das ist ganz schön peinlich. Die Shinkansen kommen meiner Erfahrung nach übrigens immer pünktlich.

Ebenfalls erlebnisreich ist es, wenn man nachts verreist. Dann könnte es passieren, dass euch nicht nur eine alternative Zugverbindung angeboten wird. Stattdessen erhaltet ihr eine Übernachtung in der Stadt, in der ihr stecken geblieben seid. Wäre mein Zug durch Österreich nicht ausgefallen, hätte ich nie eine Nacht in einem luxuriösen Salzburger Hotel verbringen dürfen, das weit über meinem Camping-Standard liegt. Ein Swimmingpool und ein reichhaltiges Frühstück inklusive. Wenn mir jemand kostenlos meinen Urlaub verlängert und um eine Mozartkugel aufwertet, dann sage ich doch nicht nein!

Wie auch Buddha schon wusste: es geht nicht darum, schnellstmöglich anzukommen, denn der Weg ist das Ziel!

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